6 rechtliche Gründe für die Prüfpflicht elektrischer Geräte

Ein beliebtes Diskussionsthema ist die Notwendigkeit oder eben deren Negierung von Prüfungen  elektrischer Geräte. Ein wohlmeinender Berater sieht sich hier ganz schnell damit konfrontiert,  entsprechend geforderte Prüfungen deutlich rechtfertigen zu müssen. Gerne werden dazu  Spitzfindigkeiten angeführt, die es schwer machen, ein Prüferfordernis hinreichend zu begründen.  Im vorliegenden Beitrag geht es nun um genau diese Begründungen. Für die Darstellung der  Prüfpflicht für elektrische Arbeitsmittel (Betriebsmittel) gibt es nämlich mehrere unmittelbare und  mittelbare Ansätze.

6 Ansätze für die Prüfpflicht

1. Unfallversicherung

Der bekannteste entstammt aus der Unfallverhütungsvorschrift 3 (DGUV Vorschrift 3, früher BGV  A3, davor kurz A2, davor VBG 4; im öffentlichen Bereich auch DGUV Vorschrift 4, GUV-V A3).  Hier sieht der § 5 Abs. 1 vor, dass der Unternehmer dafür zu sorgen hat, dass elektrische Anlagen  und Betriebsmittel auf ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden. Dieser Ansatz ist nur dann  passend, wenn aufgrund der Mitgliedschaft des Unternehmens bei einem Träger der gesetzlichen  Unfallversicherung (z. B. Berufsgenossenschaft) die Anwendbarkeit der Unfallverhütungsvorschrift  eröffnet ist. Sofern Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt werden, ist dies unzweifelhaft der Fall. Bei  Einzelunternehmen kann dies über die Satzung der Berufsgenossenschaft auch gegeben sein. Der  Schutzfokus der Unfallverhütungsvorschrift liegt auf dem Personenschutz für Mitarbeiter und  fallweise auch für den Unternehmer selbst. Insgesamt ist der Begriff „Betriebsmittel“ durchaus  weiter gefasst als der Begriff „Arbeitsmittel“ des staatlichen Arbeitsschutzrechts, so dass darin alle  Geräte erfasst werden, die in Teilen oder als Ganzes dem Anwenden elektrischer Energie  (Erzeugen, Fortleiten, Verteilen, Speichern, Messen, Umsetzen und Verbrauchen) als auch dem  Übertragen, Verteilen und Verarbeiten von Informationen dienen 

2. Arbeitsschutzrecht

Aus dem staatlichen Arbeitsschutzrecht kann die Betriebssicherheitsverordnung als Prüfgrundlage  dienen. In deren § 14, Abs. 2 ist es dem Arbeitgeber aufgegeben, Arbeitsmittel, die Schäden  verursachenden Einflüssen ausgesetzt sind, die zu Gefährdungen der Beschäftigten führen können,  wiederkehrend von einer zur Prüfung befähigten Person prüfen zu lassen. 

Hier ist der engere Arbeitsmittel-Begriff zugrunde zu legen: Arbeitsmittel sind Werkzeuge, Geräte, Maschinen oder  Anlagen, die für die Arbeit verwendet werden (§ 2 Abs. 1 BetrSichV). Auch hier liegt der  Schutzfokus auf den Beschäftigten. Für den, der keine Mitarbeiter beschäftigt und auch sonst nicht  Arbeitgeber ist (§ 2 Abs. 3 BetrSichV), ist diese Prüfgrundlage nicht einschlägig.

3. Verkehrssicherungspflicht, basierend auf dem Deliktsrecht

Sowohl Unfallverhütungsvorschrift als auch Betriebssicherheitsverordnung sind keine tauglichen  Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (sog. Schutzgesetze). Allerdings kann  über das Deliktsrecht selbst mit den Anspruchsgrundlagen des § 823 bzw. des § 831 BGB, die als  Quelle der Verkehrssicherungspflichten gesehen werden, auch eine Prüfpflicht geboten sein. Wer  nun neben oder anstelle von Mitarbeitern auch andere Personen schützen muss, stößt mit den aus  dem Arbeitsschutzrecht entnommenen Begründungen an seine Grenzen. Diese anderen Personen  können beispielsweise Kunden, Gäste oder Bewohner (z.B. in einem Seniorenheim) sein. Nach §  823 Abs. 1 BGB ist derjenige schadensersatzpflichtig, der fahrlässig das Leben, den Körper, die  Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich  verletzt. Unter Fahrlässigkeit verstehen wir das Außerachtlassen der im Verkehr gebotenen  Sorgfalt. Wer also sein mit elektrischen Geräten versehenes Ladengeschäft dem allgemeinen  Publikumsverkehr öffnet, muss dafür sorgen, dass von diesen Geräten keine Gefahr für das  Publikum ausgeht. Dies ist verfassungsrechtlich dem Grundsatz des „neminem laedere“, des  allgemeinen Schädigungsverbots zu entnehmen (speziell Art. 2 Abs. 2 GG). In § 831 Abs. 1 BGB  kann die (Schadens-)Ersatzpflicht dann entfallen, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl von  Vorrichtungen und Geschäften die erforderliche Sorgfalt beachtet hat. Daraus kann gefolgert  werden, dass bei entsprechend fachkundiger Auswahl, Instandhaltung und insbesondere Prüfung  von elektrischen Geräten die gebotene Sorgfalt durchaus gegeben war.

4. Vorvertragliches Verschulden

Auch ohne das Deliktsrecht lässt sich eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht aus dem Schutz  beliebiger Personen, die sich in den Herrschaftsbereich des Betreibers begeben, darstellen, die als  Begründung für eine Prüfpflicht herangezogen werden kann. Vor der Schuldrechtsreform nannte  man diese Rechtskonstruktion „culpa in contrahendo (c.i.c.)“, also Verschulden bei (angebahntem)  Vertragsabschluss. Mittlerweile hat diese Rechtsfigur Einzug in das BGB gefunden und lässt sich  über die §§ 311 Abs. 2 i.V.m. § 280 Abs. 1 sowie § 241 Abs. 2 darstellen. Nach § 241 Abs. 2 BGB  hat jeder im Rahmen eines Schuldverhältnisses auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des  anderen Teils Rücksicht zu nehmen. Die Ausweitung auf die vorvertraglichen und  Vertragsanbahnungskontakte erfolgt über § 311 Abs. 2 BGB. § 280 Abs. 1 BGB zielt nun  seinerseits auf Pflichtverletzungen ab. Hier wird analog zum oben dargestellten Deliktsrecht darauf  abgestellt, dass dann, wenn jemand einen anderen zur Vertragsanbahnung in seinen  Zuständigkeitsbereich einlädt (ein geöffneter Laden ist bereits die Einladung), er dafür zu sorgen  hat, dass dem Eingeladenen dort selbst dann nichts Beeinträchtigendes widerfährt, wenn die  Vertragsanbahnung erfolglos geblieben ist. Hieraus ist zu folgern, dass auch in diesem  Zuständigkeitsbereich – mit der Möglichkeit einer Einwirkung auf Dritte – vorhandene elektrische  Geräte sicher sein müssen. Die Feststellung der Sicherheit erfolgt über regelmäßige und  anlassbezogene Prüfungen. Hat sich aus der Vertragsanbahnung letztlich ein Vertrag entwickelt, so  braucht es den „Umweg“ über § 311 Abs. 2 BGB gar nicht mehr. Hier reduziert sich – bei gleichem  Ergebnis – der Ansatz auf § 280 Abs. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB.

5. Versicherungsrecht

Wurde mit dem Schadensversicherer (Feuerversicherung, Betriebsunterbrechungsversicherung) die  sog. Klausel SK 3602 vereinbart, so sind darin auch die „ortsveränderlichen Betriebsmittel“  enthalten. Daher muss als eigene Obliegenheit zum Erhalt der begehrten Versicherungsleistungen  eine entsprechende Prüfung durchgeführt bzw. nachgewiesen werden. Hierzu sei auf das Dokument  VdS 2871:2020-03 „Prüfrichtlinien nach Klausel SK 3602“ sowie den bestehenden  Versicherungsvertrag verwiesen.

6. Strafrecht

Auch strafrechtlich lässt sich die Prüfpflicht begründen. Wird durch den Betrieb eines elektrischen  Geräts ein Mensch verletzt oder getötet oder ein Brand verursacht (§§ 222, 229, 306d StGB), dann  wird diese Tat verfolgt. Nur selten sieht man einen unsicheren Zustand dem elektrischen Gerät  unmittelbar an. Nur durch regelmäßige oder anlassbezogene Prüfungen lässt sich der Zustand  beurteilen, sodass der Vorwurf der Fahrlässigkeit nicht mehr im Raum steht. Es gilt also auch hier  Fahrlässigkeit zu vermeiden und dies wird mit gegebenem Aufwand nur über Prüfungen möglich  sein. Über §§ 13 und 14 StGB kann jeder Verantwortliche in entsprechender Stellung im  Unternehmen in den Ermittlungsfokus geraten. 

Prüfungsdurchführung und -qualifikation

Nun sind sechs Ansätze für die Prüfpflicht gefunden und dargestellt. Kein Ansatz sagt jedoch, wie  zu prüfen sein wird. Dazu müssen die einschlägigen technischen Regeln (ausgehend von der DIN  VDE 0105-100, dann fallweise VDE 0701, VDE 0702, DIN VDE 0751, VDE 0113-1 (DIN EN  60204-1), DIN VDE 0100-600 usw.) herangezogen und durch eine fachkundige Person angewendet  werden. In manchen Fällen ist die Qualifikation des Prüfers sogar vorgeschrieben (DGUV:  Elektrofachkraft; BetrSichV: zur Prüfung befähigte Person; Versicherungsrecht/VdS:  Sachverständiger). 

Fazit

Damit stehen genügend Begründungen für die Prüfpflicht für elektrische Geräte (Arbeits- bzw.  Betriebsmittel) zur Verfügung. Es darf nicht ausgeschlossen werden, dass es daneben noch weitere  Begründungen geben könnte. Allerdings sollten diese Ansätze für die überwiegende Zahl der Fälle  ausreichen, die Organisation der Prüfungen in Angriff zu nehmen. Es bleibt nun beim Unternehmer,  Arbeitgeber bzw. Betreiber, die Prüfungen zeit- und sachgerecht zu veranlassen.